Pflanzenschutz neu geregelt

Maximal drei Jahre Übergangszeit bis zur neuen ,,Indikationszulassung"

nach: TASPO Nr. 23 1998 v. 05.06.98

Vergangene Woche ist das geänderte Pflanzenschutzgesetz im Bundesgesetzblatt (Nummer 28/1998) erschienen und tritt nun planmäßig am 1. Juli 1998 in Kraft.

Wichtigste Änderung in der Novelle, mit der Deutschland Anschluß an die EU-weite Harmonisierung im Pflanzenschutzbereich erzielt, ist die sogenannte ,,Indikationszulassung".

Übergangszeit von drei Jahren für einige Produkte

Demnach ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach einer Übergangszeit von drei Jahren, ab dem 1. Juli 2001 nur noch in den Anwendungsgebieten und nach den Anwendungsbestimmungen zulässig, die in der Zulassung festgesetzt wurden. Die Zulassung selbst erfolgt künftig zwar weiterhin auf nationaler Ebene, allerdings nach EU-einheitlichen Regeln.

Die dreijährige Übergangsfrist für die Indikationszulassung gilt nach Angaben des Pflanzenschutzamtes Bonn der Landwirtschaftskammer Rheinland nicht für Pflanzenschutzmittel, die nach dem 1. Juli 1998 neu zugelassen werden. Pflanzenschutzmittel, deren Zulassung abgelaufen ist, dürften noch zwei Jahre nach Zulassungsende angewandt werden.

Für einige Pflanzenschutzmittel gilt bereits nach dem bisherigen Pflanzenschutzgesetz beispielsweise die Anwendungsbestimmung NW 200, nach der das Pflanzenschutzmittel ebenfalls nur in den ausgewiesenen Anwendungsgebieten eingesetzt werden darf.

Lücken im Angebot von Pflanzenschutzmitteln

Vorgezeichnetes Problem bei der Indikationszulassung sind die Lücken im Angebot von Pflanzenschutzmitteln, wenn also eine Kultur von keiner Zulassung eines Pflanzenschutzmittels abgedeckt ist. Dies betrifft laut Pflanzenschutzamt Bonn neben einigen ackerbaulichen auch gartenbauliche Kulturen und hier insbesondere Gemüse- und Kräuterkulturen. Die Schließung der Lücken soll auf verschiedenen Wegen ablaufen:

bulletListung aller Indikationslücken
So erfolgt bekanntlich in einem Verbundvorhaben der BBA, der Pflanzenschutzdienste der Länder und der chemischen Industrie eine Listung aller Indikationen, die derzeit nicht durch Zulassung abgedeckt sind.
Von den dabei festgestellten rund 900 Indikationslücken hätten sich inzwischen rund 300 schließen.
bulletIndikationslücken bei Anmeldung schließen
Durch Information der chemischen Industrie sollen bereits beim Antrag auf Zulassung die Anwendungsgebiete möglichst umfangreich gefaßt werden.
bulletZulassung für Indikationslücken durch BBA möglich
Das neue Pflanzenschutzgesetz ermöglicht der BBA, Anwendungen auch außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete zu genehmigen. Nach dem neuen Gesetz können außer dem Zulassungsinhaber auch Anwender, Interessensvertretungen sowie amtliche und wissenschaftliche Einrichtungen solche Genehmigungen beantragen.
bulletPflanzenschutzamt kann Anwendung genehmigen
Auch das zuständige Pflanzenschutzamt kann zusätzliche Anwendungsgebiete genehmigen. Voraussetzung: Der Einsatz erfolgt an Pflanzen mit geringfügigem Anbauumfang oder gegen Schadorganismen, die lokal erhebliche Schäden verursachen,
bulletÜbernahme von Zulassungen aus anderen EU-Ländern möglich
Daneben ermöglicht das neue Pflanzenschutzgesetz, Zulassungen aus anderen Mitgliedsstaaten bei vergleichbaren Anwendungsbedingungen zu übertragen. Voraussetzung hierfür ist aber erst eine Prüfung der Präparate nach EU-einheitlichen Grundsätzen.

Was bedeutet Indikationszulassung?

nach: TASPO Nr. 23 1998 v. 05.06.98

Mit dem neuen Pflanzenschutzgesetz ist der Einsatz eines Pflanzenschutzmittels nur noch in dem Anwendungsgebiet erlaubt, das mit der Zulassung festgesetzt wurde. Für Präparate, die vor dem 01. Juli 1998 zugelassen wurden, bzw. werden, gilt dabei eine Übergangszeit von drei Jahren. Beim bisherigen Pflanzenschutzgesetz regelt die Zulassung dagegen nur den Handel der Präparate. Anwendungsverbote und Beschränkungen einzelner Wirkstoffe waren in der zugehörigen Anwendungsverordnung nicht vorgesehen.

Was ist nach dem neuen Pflanzenschutzgesetz unter dem Begriff "Anwendungsgebiet" zu verstehen?

In einer Information zur neuen Indikationszulassung verweist die Landwirtschaftskammer Rheinland auf Paragraph 2, Absatz 13a: "Anwendungsgebiet: bestimmte Pflanzen, Pflanzenarten oder Pflanzenerzeugnisse zusammen mit denjenigen Schadorganismen, gegen die die Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse geschützt werden sollen oder der sonstige Zweck, zu dem das Pflanzenschutzmittel angewendet werden soll."

Anwendungen außerhalb der in der Zulassung genannten Gebiete seien damit untersagt.

Registrierpflicht kommt für Pflanzenstärkungsmittel

Weitere Änderungen durch das neue Pflanzenschutzgesetz

nach: TASPO Nr. 23 1998 v. 05.06.98

Außer der sogenannten "lndikationszulassung" bringt das neue Pflanzenschutzgesetz noch weitere Änderungen mit sich. Dies betrifft insbesondere die Bereiche selbsthergestellte Pflanzenschutzmittel, Pflanzenstärkungsmittel und Pflanzenschutzberatung.

Grundsatzrichtlinien werden erarbeitet

Pflanzenschutz ist künftig nur noch nach ,,guter fachlicher Praxis" durchzuführen. Dabei sind nach dem neuen Gesetz die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes ebenso zu berücksichtigen wie der Schutz des Grundwassers. Im Gesetz ist festgelegt, daß das Bundesernährungsministerium unter Beteiligung der Länder ,,Grundsätze für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz" erarbeitet und veröffentlicht. Laut Biologischer Bundesanstalt (BBA) befänden sich diese Grundsätze derzeit in der Abstimmung zwischen Bund und Ländern.

Registrierpflicht für Zuschlagstoffe

Im Gesetz ist ferner eine Registrierpflicht für Pflanzenstärkungsmittel und Zusatzstoffe vor dem Inverkehrbringen eingebaut. Vor dem Verkauf sollen Pflanzenstärkungsmittel und Zusatzstoffe in einer von der BBA geführten Liste aufgenommen worden sein.

Neu geregelt sind auch die Anwendungsmöglichkeiten für selbsthergestellte Pflanzenschutzmittel. Laut BBA bräuchten sie keine Zulassung, wenn sie aus nicht zugekauftem Material beispielsweise für gärtnerische Zwecke hergestellt werden.
Für selbsthergestellte Pflanzenschutzmittel, die nach der EU-Verordnung über den ökologischen Landbau erlaubt sind, soll die BBA eine Liste führen. Die BBA ist nach eigenen Angaben dabei, diese Liste zu erstellen. Die aufzunehmenden Stoffe würden dabei auf Anhaltspunkte geprüft, ob sie schädliche Auswirkungen insbesondere auf die Gesundheit oder den Naturhaushalt haben.
In der zugrundeliegenden EU-Liste sind bekanntlich Stoffe wie Quarzsand, Gesteinsmehl oder Schwefel enthalten.

Gewerbliche Pflanzenschutzberatung ist anzeigepflichtig

Gewerbliche Pflanzenschutzberater müssen künftig ihre Tätigkeit bei den zuständigen Behörden anzeigen. Dies betrifft laut BBA viele in den neuen Bundesländern anzutreffende private Pflanzenschutzberater. Auch Vertreter von Pflanzenschutzfirmen könnten davon betroffen sein, wenn ihre Tätigkeit über das reine Verkaufen hinausgehe.

Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Haus- und Kleingärten

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Haus- und Kleingärten taucht im neuen Pflanzenschutzgesetz an verschiedenen Stellen auf. Zusammengenommen ergibt sich daraus nach Ansicht der BBA eine ganz neue Haus- und Kleingartenregelung. Die Anwendung im Haus- und Kleingarten stellt demnach eine eigene Indikation dar. Für eine Anwendung in diesem Einsatzfeld müsse es also auch in der Gebrauchsanweisung auftauchen. Der Verkäufer eines Mittels für den Haus- und Kleingartenkunden müsse künftig nicht nur die nötige Sachkunde mitbringen, sondern den Kunden auch belehren.

Pflanzenschutznovelle: weitere Details Neueintragungen

Ohne Umschreibungsanträge laufen alle bisherigen Zulassungen 2001 aus

nach: TASPO Nr. 27/98

Um weitere Details zur Novelle des Pflanzenschutzgesetzes, die am 1. Juli In Kraft getreten ist, ging es in einer Pressekonferenz, die die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) am 10. Juni einer Informationsveranstaltung für die Pflanzenschutzmittelhersteller vorangestellt hatte, Hervorgehoben wurde unter anderem, daß die BBA künftig Anträge auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels binnen zwölf Monaten bearbeitet haben muß. Dies könnte also bedeuten, daß künftig die formale Zulassung schneller erfolgt.

Bedingung ist allerdings, daß die Anträge vollständig sind. Dies war aber nach den Erfahrungen der BBA bislang oft nicht der Fall, was sich aber häufig in Dialog mit dem Pflanzenschutzmittelhersteller während des Zulassungsverfahrens lösen ließ. Wegen der zwölf Monate Zeitvorgabe für die Antragsbearbeitung sei davon auszugehen, daß es künftig diese Kulanz nicht mehr gebe.

Über die Kernpunkte der Novelle, nach der es spätestens ab dem 1. Juli 2001 nur noch die sogenannte ,,Indikationszulassung" gibt, berichtete die TASPO bereits in Ausgabe 23/98. Darüber hinaus gab es auf der Pressekonferenz und auf Anfrage der TASPO bei der BBA zu erfahren:

Die Stellung der BBA bleibt trotz umgesetzter EU-Vorschriften bei der Zulassung ungeschmälert. Sie bleibt in Deutschland die zentrale Zulassungsbehörde. Die Prüfung der Mittel erfolgt künftig aber nach den Rahmenbedingungen der EU, die in das deutsche Pflanzenschutzgesetz übertragen worden sind.

Künftig können von deutscher Seite Zulassungen aus anderen EU-Ländern anerkannt werden (und umgekehrt). Bedingung: Der Wirkstoff muß bereits EU zugelassen sein und es müssen gleiche Bedingungen, beispielsweise zum Klima, bestehen.

Die Zulassung eines Wirkstoffs kann künftig nur erfolgen, wenn er in der ,,Positivliste" der umgesetzten EU-Richtlinien (91/414/EWG Anhang 1) enthalten ist.

Nach der Zulassung kann die BBA jetzt den Zulassungsinhaber verpflichten, ein sogenanntes ,,Nachmonitoring" durchzuführen, also Erkenntnisse und Beobachtungen über Einflüsse beispielsweise auf die Umwelt zu sammeln und mitzuteilen. Der Grundsatz, daß die Prüfung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolgt, setzt sich hier fort.

Die sogenannten ,,Lückenindikationen", die durch die künftige Indikationszulassung vorgezeichnet sind, sollen in Kooperation mit Nachbarländern, vor allem aber national durch die BBA, die Industrie und die amtliche Pflanzenschutzberatung in den Bundesländern geschlossen werden. Verschiedene Arbeitsgruppen befaßten sich mit dem Problem. Einen Automatismus hierfür soll es aber nicht gehen.

Geplant ist, daß die BBA eine Liste der Lücken veröffentlicht, bei denen ein öffentliches Interesse besteht, diese zu schließen.

Von 800 möglichen Indikationslücken umfaßt die derzeitige Liste (Veröffentlichung im Bundesanzeiger) knapp 320 Indikationslücken. Knapp 220 Indikationslücken sind laut BBA im Vorfeld der neuen Vorschriften bereits geschlossen worden.

Künftig können neben dem Pflanzenschutzhersteller auch Verbände oder Einzelunternehmen einen Antrag auf Zulassung stellen.

Problem: Die Nachweise hierfür sind ebenfalls beizubringen. Deshalb geht die BBA davon aus, daß in der Regel Verbände von dieser Möglichkeit Gebrauch machen könnten. Wegen der notwendigen Nachweise, wie die Rückstandsuntersuchungen oder anderes, könnte dies aber letztlich in Empfehlungen oder einer Zusammenarbeit mit dem Mittelhersteller münden.

Ein Problem ist dabei auch die Haftung für das Mittel. Hier sind laut BBA Kompromisse vorstellbar, daß ein Hersteller beispielsweise den Weg für eine Einsetzbarkeit im Gartenbau ebnet, aber für Schäden an Kulturpflanzen keine Verantwortung trägt.

Spätestens zum Juli 2001, dem Ablauf der Übergangsfrist, enden alle bisherigen Vertriebszulassungen. Damit ein Pflanzenschutzmittel danach weiter verfügbar ist, bedarf es eines Antrages zur Umschreibung auf Indikationszulassung, sonst läuft die Zulassung unweigerlich aus.

Die deutsche Kategorie Pflanzenstärkungsmittel stellt in der EU etwas Besonderes dar und bleibt weiter erhalten. Die bisher hierzu gepflegte interne Liste der BBA soll künftig als öffentliche Liste geführt werden.

Hierfür soll es ein Antragsverfahren mit vier Monaten Aufnahmefrist geben. Der Anmelder muß dabei versichern, daß das Mittel unschädlich ist, die Zulassungsbehörde muß prüfen, ob nähere Anhaltspunkte beispielsweise zur Gefährdung der Gesundheit, vorliegen.

Für die Zusatzstoffe, also den Beimengungen zu Pflanzenschutzmitteln, wird es künftig ebenfalls eine Liste gehen. Hierfür sind ebenfalls Anträge auf Aufnahme zu stellen. Die Aufnahmefrist wir hier ebenfalls voraussichtlich vier Monate betragen. Für selbsthergestellte Pflanzenschutzmittel sind bei zugekauften Zutaten nur solche verwendbar, die in der künftigen Ökoliste der BBA geführt werden. Diese Liste soll in Kürze vorliegen und die von deutscher Seil nochmals auf Anhaltspunkte zu schädlichen Auswirkungen abgeprüfte Liste aus der EU Verordnung zum ökologischen Landbau enthalten.

Zusammengestellt durch: Thomas Fischer

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